Mein Job, meine Werte und ich

 

In diesem Blogbeitrag möchte ich dir zeigen, was deine Werte mit deiner beruflichen Zufriedenheit zu tun haben und wie du herausfindest, welche für dich relevant sind.

 

 

Drei Fälle aus meiner Coachingpraxis

 

Gerne möchte ich dir einmal drei Beispiele aus meiner Coachingpraxis vorstellen, damit dir deutlich wird, was unsere berufliche Unzufriedenheit mit unseren Werten zu tun hat.

 

 

Fall 1: Ein Klient kam in meine Coachingpraxis, um herauszufinden, warum er beruflich unzufrieden war, obwohl die Umstände in seiner Firma dafür keinen Anlass gaben. Wir fanden heraus, dass sein Tätigkeitsbereich „das Marketing“, ihm zu Beginn seiner Berufstätigkeit reizvoll und interessant erschienen war. Inzwischen aber langweilte er ihn, weil sein Job für ihn keinen Sinn mehr ergab. Zukünftig wollte er gerne sehen, dass er für andere Menschen auf sozialer Ebene etwas bewirken kann und entschied sich daher, beruflich in eine andere Richtung zu gehen.

 

 

Fall 2: Ein anderer Klient kam mit dem Anliegen, den nächsten Karriereschritt gehen zu wollen. Wir fanden heraus, dass die nächste Stufe auf der Karriereleiter ihn keineswegs zufriedenstellen würde, sondern dieser Wunsch ausschließlich alten Strukturen folgte. Eigentlich wünschte er sich von ganzem Herzen, endlich mehr Zeit für seine Familie zu haben. Im weiteren Prozess ging es daher darum herauszufinden, wie sich das mit seinem jetzigen Tätigkeitsfeld zukünftig vereinbaren lassen würde.

 

 

Fall 3: Und schließlich die Situation meines Klienten, der sich selbstständig machen wollte. Er hatte schon viel recherchiert und sich konkrete Informationen besorgt. Trotzdem gelang es ihm nicht, ins Handeln zu kommen. Was hielt ihn zurück? Wir fanden heraus, dass es in seinem Umfeld niemanden gab, der selbstständig war. Die Prägung durch sein Elternhaus ließ ihm finanzielle Sicherheit als enorm wichtiges Gut erscheinen. Er hatte sich bisher nicht eingestehen wollen, dass diese Prägung ihn innerlich davon abhielt, das Wagnis des Unternehmertums einzugehen.

 

Mit diesen drei Geschichten möchte ich dich ermutigen, vor einer beruflichen Veränderung dich zunächst zu fragen, was deine wesentlichen Werte sind.

 

 

Was ist dir wirklich wichtig im Job?

 

Aber was sind eigentlich Werte? Werte leiten dein Handeln und geben dir Orientierungsmöglichkeiten. Ich nenne sie auch gerne, „dein inneres Navigationsgerät“. Sie bestimmen, in welche Richtung du dein Leben bewegst und warum du bestimmte Entscheidungen triffst. Es gibt eine Vielzahl von Werten und jeder von uns richtet sich nach anderen. Manchmal stellen wir sogar irgendwann fest, dass es gar nicht unsere eigenen sind. Wir leben nach Werten, die uns in unserer Familie mitgegeben wurden, für uns aber gar keine Bedeutung mehr haben. Oder wir haben vor langer Zeit etwas für erstrebenswert gehalten, was jetzt keinen Wert mehr für uns besitzt. Und genau das, führt häufig zu Unzufriedenheit.

 

Unsere Werte zu kennen, ist folglich enorm wichtig, aber leider ist es nicht so einfach, die unsrigen herauszufinden. Um es dir an dieser Stelle etwas einfacher zu machen, stelle ich dir heute sechs Wertekategorien vor, die aus meiner Sicht im beruflichen Zusammenhang besonders beachtenswert sind.

 

 

Sechs Werte für dein Berufsleben

 

 

    1.  „Status“. Es gibt einige Berufe, denen man eindeutig ein höheres gesellschaftliches Ansehen zuordnen kann und folglich auch mit deren Wahl den eigenen Status erhöht. Aktuell gehören nach einer Forsa-Umfrage zu den angesehensten Berufen in unserer Gesellschaft die Feuerwehrleute und dann die Berufsgruppe der Ärzte.

 

 

 

Der Wunsch, mit dem Beruf Ansehen zu generieren, ist deshalb so interessant, da er meiner Erfahrung nach häufig im Gespräch zunächst tabuisiert wird. Ich erlebe wenig Menschen, die mir direkt mitteilen, dass es ihnen wichtig ist, durch ihren Beruf einen besonderen Status in der Gesellschaft einnehmen zu wollen. Vielleicht spielt dieser Wert bei einer Berufsentscheidung eher im Unterbewusstsein eine Rolle. Vielleicht begründet man aber auch die eigene Berufswahl weniger gern mit dem Prestige des Berufes, weil Wunsch, gesehen und anerkannt zu werden, einem eher unangenehm ist. Wie auch immer, Hauptsache du bleibst dir selbst gegenüber ehrlich.

 

 

 

2. Wichtig ist natürlich auch die Kategorie „Einkommen“. Wie wichtig ist dir finanzielle Unabhängigkeit oder Konsum? Dass der Verdienst eine wesentliche Rolle bei der Berufswahl spielt, lässt sich schon allein an der Anzahl der Nutzeranfragen bei Google mit dem Suchbegriff „Welche Berufe haben das höchste Gehalt“ ersehen. Wir wollen mit unserem Verdienst unseren Lebensunterhalt sichern, vielleicht noch eine Familie versorgen und wir möchten uns natürlich dies und das leisten können. Es kann aber auch sein, dass du diesem Wert nach einigen Jahren Berufserfahrung gar nicht mehr eine so hohe Bedeutung wie zu Beginn deines Berufslebens zumisst. Während früher jede Gehaltserhöhung Glücksgefühle in dir auslöste, nimmst du sie inzwischen als selbstverständlich hin. Vielleicht liegt es daran, dass das Glück nicht linear mit dem Einkommen wächst, wie der Baseler Wirtschaftsprofessor Bruno Frey feststellt. Vielleicht haben sich aber auch deine Werte verschoben und inzwischen ist es dir zum Beispiel wichtiger, viel freie Zeit für dein Hobby zu haben.

 

 

3. Wie soll deine Arbeitszeit gestaltet sein? Wieviel freie Zeit wünschst du dir in deinem Berufsleben? Freizeit ist ein hohes Gut. Unser Körper regeneriert, wir bekommen neue Energie und wir haben die Möglichkeit, Zeit mit Familie und Freunden zu verbringen. Vielleicht betreibst du ein zeitaufwendiges Hobby und schon allein deshalb benötigst du viel freie Zeit. Doch während wir uns in unserem Berufsleben häufig mehr Freizeit wünschen, klagt so mancher Rentner über zu viel freie Zeit. Es ist gar nicht so einfach, hier das richtige Maß zu finden und für sich zu klären, wieviel Zeit man am Tag tatsächlich mit Arbeit verbringen möchte. Du kannst dich auch fragen, ob es ein 9/5 Job sein soll oder ob du dir deine Arbeitszeit gerne selber einteilst? Vielleicht benötigst du auch gar nicht so viel freie Zeit, weil du einen Job suchst, der dir tiefe Befriedigung verschafft.

 

 

4. Und damit sind wir auch schon bei der vierten Kategorie. Wie wichtig ist dir, dass dir deine Arbeit Spaß macht? Ja, ich gebe dir recht. Spaß bedeutet für jeden etwas anderes. Und genau deshalb fordere ich dich auf, zu definieren, was Spaß bei der Arbeit für dich bedeutet. Für den einen ist es ein gutes Arbeitsklima und nette Kollegen. Für den anderen ist es eine Arbeit, die ihn nicht überfordert. Oder suchst du nach Verantwortung, neuen Herausforderungen, Abwechslung?

 

 

5. Vielleicht steht für dich aber auch an oberster Stelle, dass dein Beruf sicher ist. Sicherheit verleiht deinem Leben Ruhe und gibt dir Gelassenheit. Ich weiß, dass dieser Wert für viele Beamte ein besonders hohes Gut ist und daher mitentscheidend für ihre Berufswahl war. Wie ist es bei dir? Der Gedanke an befristete Stellen treibt dir den Schweiß auf die Stirn? Diese immer wiederkehrende Stellensuche ermüdet und belastet dich aufs äußerste? Leider garantieren die wenigsten Stellen wohl absolute Sicherheit, aber natürlich gibt es berufliche Bereiche, die besonders stark nachgefragt und in denen befristete Verträge eher selten sind.

 

 

6. Kommen wir zum letzten Wert und damit zu der Frage nach dem Sinn. Wie wichtig ist dir, dass dein Beruf sinnvoll ist? Sinn im beruflichen Kontext kann für jeden etwas anderes bedeuten. Betrachtet man es neutral, ergibt jede Arbeit Sinn, sonst wäre kaum jemand bereit, dafür Geld zu bezahlen. Letztlich kommt es aber darauf an, wie du es für dich definierst und ob du deine Arbeit für sinnvoll erachtest. Für den einen ist die Arbeit nur dann sinnstiftend, wenn damit anderen Menschen direkt geholfen werden kann, sei es im sozialen oder medizinischen Bereich. Es kann für dich aber auch bedeuten, dass du dich mit dem Produkt, dass du herstellst oder der Dienstleistung, die du anbietest, identifizieren kannst.

 

 

Finde heraus, welcher für dich der Wichtigste ist

 

Nun habe ich dir sechs Kategorien vorgestellt mit denen du dich vor einer beruflichen Veränderung beschäftigen solltest. Je nachdem, welche Rangfolge du ihnen gibst, entscheiden sie mit darüber, welche Tätigkeit für dich in Zukunft die Richtige sein wird.

 

Welcher Wert ist für dich also der Wichtigste? Auf welchen könntest du keinesfalls verzichten?

 

Ist es der Status, weil du dir nichts sehnlicher wünschst als Respekt und Anerkennung? Oder der Verdienst, das Geld, weil du dir nur damit ein erfülltes Leben vorstellen kannst? Wie steht es mit dem Sinn, dem Spaß, der Sicherheit? Und schließlich die Frage nach der freien Zeit. 2018 hat die deutsche Bahn in Tarifverhandlungen ihre Mitarbeiter vor die Wahl gestellt, ob sie sich 1. mehr Geld, 2. eine verringerte Wochenarbeitszeit oder 3. mehr Urlaubstage wünschen. 56 % der Befragten entschieden sich für mehr Urlaub, 41 % für mehr Geld und der verbliebene Rest wollte eine verringerte Wochenarbeitszeit. Das zeigt, welchen Wert freie Zeit in der Arbeitswelt einnimmt.

 

Hast du den wichtigsten Wert für dich herausgefunden? Bringe alle Kategorien in eine Hierarchie. Warum? Leider muss ich dich insoweit desillusionieren, als es fast nicht möglich ist, dass unser Beruf all unsere Werte gleichzeitig erfüllt. Wenn du dir ein hohes Einkommen wünschst, wirst du höchstwahrscheinlich dafür auch viel arbeiten müssen. Viel freie Zeit ist insoweit eher unwahrscheinlich. Auch Berufe, die als besonders sicher gelten, bieten nicht unbedingt die Chance auf die höchsten Verdienstmöglichkeiten. Eine Prioritätenliste kann dir somit eine Entscheidungshilfe für deine Jobsuche bieten.

 

Du hast eine Rangfolge erstellt? Prima, dann sollte sie dir helfen, bestimmte Tätigkeiten für dich als erstrebenswert und andere als vernachlässigenswert zu erachten.

 

Ich hoffe, diese Übung hilft dir ein wenig weiter. Vielleicht schreibst du es mir einmal!