Anders fasten – wenn Geld eine Rolle spielt

 

Gerade ist für die Katholiken Fastenzeit. Ich weiß nicht, ob das für dich in irgendeiner Form eine Rolle spielt, aber ich erinnere mich an eine Zeit als Jugendliche, in der das für mich durchaus ein Thema war. 40 Tage keine Süßigkeiten, kein Eis, kein Nachtisch. Mir war das Fasten damals wichtig, auch wenn mir das nicht immer leichtgefallen ist. Das Besondere an dieser Zeit war jedoch nicht nur die selbst auferlegte unangenehme Zurückhaltung bei allem Süßen. Zeitgleich spürte ich eine große Vorfreude auf das Osterfest, an dem das Fasten schließlich ein Ende finden sollte.

 

 

An diese Fastenzeit erinnerte mich zuletzt ein Blog über Frugalisten, auf den ich gestoßen bin. Frugalisten sind Menschen, die mit allen Mitteln einen möglichst großen Teil ihres Einkommens sparen und das Ersparte in Aktien und Fonds investieren. So häufen sie im Erfolgsfall nach einigen Jahren ein Vermögen an, mit dem sie bis an ihr Lebensende auskommen könnten, ohne einer Arbeit nachzugehen. Sie verzichten also z.B. eine lange Zeit auf den Erwerb von Gegenständen, die uns das Leben lediglich etwas angenehmer machen oder ersetzen kostenpflichtige Freizeitaktivitäten durch Dinge, die man genießen kann, ohne Geld auszugeben.

 

 

Bis zu 70 Prozent des Einkommens sparen, um sich irgendwann finanziell frei zu fühlen? Sicherlich taugt dieses Lebensmodel nicht für jeden und ist eine ganz persönliche Lebensentscheidung. Bei manch einem ist eine Einsparung schon deshalb nicht möglich, weil er sowieso schon am Rande des Existenzminimums lebt. Vielleicht hat man auch so hohe Kreditschulden zu bedienen, dass an Sparen gar nicht zu denken ist. Aber das ist dann ein anderes Thema mit anderen Lösungsansätzen.

 

 

Trotzdem möchte ich diese Art zu leben als Impulsgedanken aufgreifen. Warum?

 

Immer wieder begegne ich Menschen, die sich gerne beruflich verändern würden, es aber aus finanziellen Gründen lassen. Sie befürchten, mit ihrem Traumjob kein Geld verdienen zu können. Stattdessen mühen sie sich Tag ein, Tag aus in einem Job ab, der ihre Lebensqualität deutlich reduziert. Sie fühlen sich gestresst und unter Druck, sind unzufrieden und gereizt.  Sie lesen Anti-Stress-Ratgeber oder versuchen sich von negativen Gedanken abzulenken, indem sie konsumieren und sich mit „etwas Schönem“ belohnen. Selbst, wenn die Alternative zum jetzigen Job sehr attraktiv erscheint, schaffen sie den Absprung nicht. Die Sorge, sich finanziell vieles nicht mehr leisten zu können, wenn der neue Job schlechter dotiert ist, ist omnipräsent.

 

 

Ist das Gehalt auch für dich ein Beweggrund, von einem Jobwechsel abzusehen? Was wäre, wenn du nur glaubst, auf bestimmte Dinge, auf eine bestimmte Form von Konsum nicht mehr verzichten zu können?  

 

Als ich über dieses Thema nachgedacht habe, habe ich mich gefragt, warum ich das eigentlich damals, während meiner Ausbildungszeit, konnte? Irgendwann, als ich zu mehr Geld gekommen bin, habe ich es nach und nach für selbstverständlich gehalten, bestimmte Dinge zu tun und dafür Geld auszugeben.

 

 

Für was gibst du immer wieder gerne Geld aus, ohne dass es zwingend notwendig wäre? Ist es der wöchentliche Kinobesuch, das Essen im Restaurant oder die dritte Handtasche? Vielleicht bist du früher nur einmal im Jahr verreist, inzwischen bringst du es jedoch auf drei Urlaubsreisen im Jahr und sie gehören wie selbstverständlich zu deinem Lebensstil dazu.

 

Ein solches Leben erscheint uns wunderbar und suggeriert uns ein Gefühl von Freiheit. Aber wir bringen uns dadurch in eine Situation, die eher einen Einkommenszuwachs als einen Einkommensverlust erfordert. Es lässt uns glauben, nur der berufliche Aufstieg könne erstrebenswert sein. Für viele entsteht so jedoch ein unerträglicher Druck, der schließlich krank macht. Und manchmal setzt erst eine solche Erkrankung den Stopp-Button, der uns zwingt, unser Leben zu überdenken.   

 

 

Wenn du manchmal davon träumst, deinen Job zu kündigen, um etwas Neues zu probieren, gleichzeitig aber Angst vor finanziellem Verlust hast, dann nutze doch einfach einmal die Fastenzeit, um temporär zum Frugalisten zu werden. Wie wäre es, wenn du dich einmal für eine kurze Zeit in deinem Konsum, soweit es für dich persönlich machbar ist, beschränkst? Vielleicht nutzt du mehr das Fahrrad und anstatt ins Kino zu gehen, probierst du es einmal mit Waldbaden. Entsprechende Anregungen findest du in Foren und Ratgebern der Frugalisten. So konzentrieren sie sich z.B. nach eigener Aussage auf gute soziale Beziehungen, eine erfüllende Tätigkeit, Lachen, Gesundheit, Sport, lebenslanges Lernen. Also alles Dinge, die nicht viel Geld kosten müssen.

 

 

Dieses Lebensmodel ein paar Wochen auszuprobieren, kann uns vielleicht bewusst machen, in welche Abhängigkeiten wir uns durch unsere bisherige Lebensweise selbst gebracht haben und uns zeigen, dass wir mit finanziellen Einschränkungen gut leben können.  Vielleicht siehst du den beruflichen Neuanfang mit ungewissem finanziellen Ausgang nach dieser Fastenzeit mit anderen Augen, bestenfalls ein wenig entspannter. Eine Garantie gibt es nicht- aber ist es vielleicht einen Versuch wert?